Sonntag, 24. Februar 2013

Warum ist der Postillon so erfolgreich?

Screenshot der Webseite des Postillon
Der Postillon ist ein Satire-Blog. Es ist bedeutend genug für einen Wikipedia-Artikel. Ich habe es vor längerer Zeit regelmäßig gelesen, allerdings hat mich irgendwann die Ladezeit der Seite genervt. Beim Laden der Seite in meinem Chrome stürzt das Flash öfters ab. Das Blog wird auf Blogger gehostet, was der Ladezeit sicher nicht zuträglich ist. Wenn ich mir die Webseite so anschaue, dann würde ich das Design als durchschnittlich einstufen. Die Link-Navigationsleiste hat ein bestenfalls durchschnittliches Farbschema, hell-blau auf hell-grau. Ansonsten ist das Design aufgeräumt. Auffallend sind die mit dem eigenen Logo versehen Facebook, Google+ und Twitter Buttons. Da der Postillon extrem viele Likes bekommt, könnten diese Buttons wichtig sein, wichtiger sind aber vermutlich die Standardbuttons am Ende. Die Artikel sind bebildert, wobei oftmals Bilder unter CC Lizenz oder selbst gephotoshoppte verwenden werden.  Dem letzten Satz widmet der Redakteur besondere Aufmerksamkeit. Manche sonst eher fade Artikel scheinen ganz bewusst auf diesen zugeschnitten zu sein und werden allein durch diesen gerettet. Die Artikel tragen, soweit ich das Erkennen kann, keine Zählmarken der VG Wort, was entweder an der CC-Lizenz oder an der hin und wieder nicht erreichten Mindestanzahl von 1800 Zeichen liegt.
Das Blog zeichnet sich weiter durch seine unglaublich hohe Anzahl Trollen aus. Lange Zeit hat der Redakteur Trolle nicht ausreichend bekämpft, weshalb sie sich gegenseitig gefüttert haben. Da das Blog hauptberuflich betrieben wird, könnte es natürlich auch sein, dass der Redakteur hin und wieder mit sich selbst trollt. :-)

Laut Wikipedia wird das Blog seit 2011 hauptberuflich betrieben. Das könnte möglich sein, wobei ich bezweifle, dass die Einnahmen bereits 2011 ausgereicht haben. Wenn man sich die letzten Umsatzzahlen von Spiegel Online und die Anzahl der Seitenabrufe anschaut, dann kommt man auf Erlöse von etwa 4 EUR pro 1000 Seitenabrufe. Spiegel Online ist Marktführer im deutschsprachigen Netz, also werden alle anderen darunter liegen. Der Postillon hat nach eigenen Angaben im Januar über 3 Mio. Seitenabrufe gehabt, wobei die Nutzerzahlen in den letzten 6 Monaten um 50% gewachsen sind. Damit würde ich schätzen, dass der Postillon einschließlich seines Onlineshops, auf 2000-4500 EUR im Januar gekommen ist. Das ist eine sehr einfache Abschätzung die, insbesondere bei hohen Spenden über Flattr oder direkt, aber auch bei vielen Spam-Kommentar Schreibern, auch um einen Faktor 2 oder 3 daneben liegen kann. Etwas gegen die Abschätzung spricht, dass sich die Leserzahlen mindest verdoppelt haben, seit das Blog hauptberuflich betrieben wird.

Hoffentlich ist kein Crazy Horse im Rinderhack
Auf www.10000flies.de werden die Likes von deutschsprachigen Artikeln gezählt. Der Postillon hat es diesen Monat geschafft zwei sehr oft — vor allem auf Facebook — geteilte Beiträge zu schreiben. „Menschenfleisch auf Pferden entdeckt“ hat jetzt über 56.000 Likes und liegt wieder vor dem 3 Tage später geschrieben „Lego startet neue Serie "Gescheiterte deutsche Großprojekte"“ mit aktuel 46950 Likes. Damit liegen die beiden Beiträgt auf Platz 3 und 4 der Jahrescharts 2013. Außerdem belegt der Postillon noch Platz 15, 18, 41, 42 und 45. Zum Vergleich Bild.de hat 9 unter den Top 50, Spiegel Online 13. Das ist keine schlechte Leistung für ein Blog.
Auch der Beitrag vom 22.02.2013 des Postillon lag bei den Tagescharts auf www.10000flies.de auf Platz 1.

Woher kommt dieser Erfolg und was kann man daraus lernen?
Einzelne Beiträge sind sehr gut; die Ratingagenturen-Ratingagentur oder Welt in Sorge: Iran kurz vor Fertigstellung von Ratingagentur zum Beispiel.
Auch der Lego-Beitrag, auch wenn er etwas am aktuellen Tagesgeschehen vorbeigeht — BER war schon vor Wochen das Topthema, ist super. Der über das Pferdefleisch ist etwas aktueller für mich aber nicht so richtig lustig. Der andere über Pferdefleisch ist bis auf das Akronym auch nicht witzig. Ich vermute der Postillon generiert über einzelne sehr gute Artikel so viele neue, dauerhafte Leser, dass genug übrig bleiben, damit auch der nächste gute Artikel wieder mehr als 2000 Likes bekommt.

Außerdem gibt es oben rechts noch den Beitrag aus dem Archiv. Auch für diese alten Beiträge habe ich schon Likes gesehen.

Und auch die Trolle sollte man nicht unterschätzen. Hin und wieder sind sie lustiger als der eigentliche Text.

Für ein sehr erfolgreiches Blog, braucht es Regelmäßigkeit. Jeden Tag eine Topleistung ist aber scheinbar nicht nötig um sich einen Stamm regelmäßiger Leser aufzubauen. Außerdem braucht man Facebook Likes und vor allem Facebook Likes. Tweets und +1 sind nicht so wichtig. Mein Eindruck ist, dass qualitativ hochwertige Artikel öfter mal ein kleineres Verhältnis von Like pro +1 haben. Desweiteren braucht man ein passendes Layout, mit relativ vielen Bildern. Aus eigener Erfahrung: Das Suchen passender und unpassender Bilder ist eine zeitraubende Aufgabe.

EDIT: Noch ein paar Alexa Daten zum Postillon. Knapp 30% der Leser kommen von Facebook und knapp 10% von Google. Die Nutzer sind überdurchschnittlich oft 25-34, männlich haben keine Kinder und einen hohen Bildungsabschluss. Über 90% kommen aus Deutschland, der Schweiz und Österreich, was angesichts der Sprache nicht verwunderlich ist.
Außerdem habe ich Linie übertreten: Rekordsprung aus 39 Kilometern Höhe für ungültig erklärt mit über 100.000 Likes vergessen. 


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